„Wir haben da ein Angebot: Wir fangen an mit Nullmonaten und geben euch eine Inflationsausgleichsprämie plus sage und schreibe 10 % mehr. In drei Schritten… Bei einer ‚unschlagbaren‘ Laufzeit von 36 Monaten“, so klang das erste Angebot, das der TÜV NORD der ver.di-Tarifkommission unterbreitete – nicht wortwörtlich, doch inhaltlich. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Über 1.400 Kolleginnen und Kollegen traten in den Warnstreik.
Schon vor dem Verhandlungsauftakt stärkten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen der Tarifkommission mit einer Fotopetition den Rücken. Die klare Botschaft jeder und jedes Teilnehmenden: „Ich stehe hinter den Forderungen“. So hätten sich alle Beteiligten, auch die Gegenseite am Verhandlungstisch, sicher sein können, dass die Streikbereitschaft hoch ist. Doch mit dem eingangs dargestellten Angebot wollte man das wohl ganz praktisch herausfinden…
Mehr zum Verhandlungsverlauf und -ergebnis beim TÜV NORD
Am 27. April kam, was kommen musste: 1.400 TÜV-Beschäftigte folgten dem Warnstreikaufruf, unter ihnen zahlreiche junge Kolleginnen und Kollegen. Unschöne Begleiterscheinungen gab es auch, einige Kolleginnen und Kollegen wurden von Vorgesetzen im Vorfeld verschärft darauf angesprochen, ob sie streiken würden oder nicht. Leiharbeitnehmer*innen wurden teilweise als Streikbrecherinnen und Streikbrecher eingesetzt und in einem Schreiben an Führungskräfte das Ausloben von Streikbruchprämien empfohlen. Das ging gar nicht und wurde sehr deutlich von ver.di-Seite kritisiert.
500 Kolleginnen und Kollegen versammelten sich am 12. Mai vor der Niederlassung in Hannover, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Etwa 100 weitere in Bremen, 80 in Osnabrück. Geschlossene TÜV-Stationen bis nach Wilhelmshaven. Einen solchen Streiktag haben wir beim TÜV NORD in Niedersachsen-Bremen noch nicht erlebt. Vergleichbare Meldungen aus Hamburg und Nordrhein-Westfalen, wo ebenfalls gestreikt wurde. Hinzu kamen bspw. am 15. Mai Online-Streikversammlungen mit mehr als 1500 Teilnehmenden.
Unter dem Eindruck dieser beeindruckenden Bewegung, merklich gewonnener Stärke auf Gewerkschaftsseite und glaubhafte in Aussicht gestellter weiterer Streiktage besserte die Arbeitgeberseite ihr Angebot soweit nach, dass die Tarifkommission das Ganze Beschäftigte und vor allem die ver.di-Mitglieder bewerten ließ. Ca. 70 % der Teilnehmenden votierten gegen das Angebot. Es folgten Ende Juni Streiktage und der Versuch der Arbeitgeberseite, diese mittels einstweiliger Verfügung zu stoppen. Das Arbeitsgericht verpflichtete den Arbeitgeber allerdings dazu dann auch ein wiederum verbessertes Angebot vorzulegen.
Das dargestellte Ergebnis steht erneut zur Abstimmung. Die Bundestarifkommission empfiehlt die Annahme.
Neben „klassischen“ Flugblättern und später Streikversammlungen hatten die Kolleginnen und Kollegen Möglichkeiten, sich über Online-Versammlungen („Mobi Dig“) auszutauschen und über einen Messenger-Dienst einen Infokanal für kurzfristige Informationen, Schnappschüsse/ Videos von Streiktagen und dergleichen.