Senioren Wohnpark Weser GmbH

ver.di-Diagnose: Ein schlimmer Fall von Realitätsverweigerung

Am 30.4.2021 reagierte die Senioren Wohnpark Weser GmbH auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 27.4.21.
04.05.2021
ver.di-Diagnose: Ein schlimmer Fall von Realitätsverweigerung


Am 30.4.2021 reagierte die Senioren Wohnpark Weser GmbH auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 27.4.21. Das Unternehmen fühlt sich angeblich von diesem Urteil bestätigt. Dies ist ein besorgniserregender Fall von Realitätsverweigerung.

Das Unternehmen hatte vor Gericht fünf Anträge gestellt. Die Betriebsratsvorsitzende Nicole Meyer sollte gekündigt werden. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Monika Sonntag sollte gekündigt werden. Beide sollten aus dem Betriebsrat ausgeschlossen und der Betriebsrat aufgelöst werden. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts: Alle Anträge wurden zurückgewiesen. Eine krachende Niederlage auf der ganzen Linie.

Schon in der Kammerverhandlung drohte das Unternehmen angesichts dieser Niederlage: Wenn das Gericht entscheide, dass der "Verdacht" des Unternehmens gegen die Betriebsräte nicht ausreiche, ziehe es in Betracht, die Betriebsräte durch eine Dedektei lückenlos überwachen lassen. Das gab das Unternehmen zu Protokoll. Dazu die Gewerkschafssekretärin Kerstin Bringmann "Letztlich ist das eine Missachtung des Gerichts; Ihr könnt entscheiden was ihr wollt, wir machen weiter und schrecken selbst vor lückenloser Überwachung der Betriebsräte nicht zurück".

Das war nicht nur für die Gewerkschaft ver.di ein ungeheurer, rechtswidriger Affront. Es ist rechtswidrig, einen Arbeitnehmer kündigen zu wollen, wenn man nicht mindestens den dringenden, auf konkrete Tatsachen gestützten Verdacht einer Straftat hat. Genau das hat die 12. Kammer des Arbeitsgerichts bestätigt: Ein Anfangsverdacht reicht nicht. "Das ist ungenügend. Und ungenügend war der Vortrag des Unternehmens vor Gericht, auch noch nach fünf Monaten angestrengten Ermittelns“, so der Rechtsanwalt Nacken, der Vertreter der Arbeitnehmerseite.

Das Unternehmen wurde vom Gericht in nichts bestätigt. Das Gericht stellte vielmehr fest: Sollte man annehmen, dass der Betriebsrat als Organ für die Gewerkschaft geworben hat, wäre das zwar nicht zulässig, es reicht aber nicht im Ansatz aus, um dem Betriebsrat einen groben Verstoß gegen seine Verpflichtungen vorzuwerfen. Auch alle anderen Vorwürfe waren ungenügend.

In dem Gerichtsverfahren wurde nicht eine unwahre Behauptung gegenüber Betriebsratsmitgliedern festgestellt, im Gegenteil. Auch der Verdacht auf angeblichen Prozessbetrug und Urkundenfälschung wurde nicht bestätigt. Daher das vollständige Scheitern des Unternehmens vor Gericht. Daher auch der Erfolg des Betriebsrates und seiner Anwälte.

"Für ein Unternehmen dieser Größe und Bedeutung ist es besorgniserregend, dass die Unternehmensführung diese Realität nicht nur negiert, sondern auch noch in seinem Verhalten weitermacht. Der schlimmste Fehler besteht darin, uneinsichtig auf seinen Fehlern zu beharren“, meint Markus Westermann, der Geschäftsführer von ver.di

Jetzt besteht die große Chance, inne zu halten und dem Betriebsrat die Hand zu reichen. Aber das Unternehmen verfolgt blind seine ungerechtfertigte Haltung weiter. Beschwerde soll eingelegt werden. Der ganze "Horror" soll noch mindestens bis ins Jahr 2022 weitergehen.

"Wir sind der Überzeugung: Ein Pflegeunternehmen hat anderes zu tun als seine Betriebsräte zu überwachen und zu verfolgen. Wir hoffen im Interesse der Belegschaft auf einen Funken Einsicht und appellieren an die Unternehmensführung: Machen Sie bitte nicht alles noch schlimmer. Kehren Sie auf den Boden des Betriebsverfassungsgesetzes zurück und arbeiten gemeinsam mit den Betriebsräten nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit", so Westermann weiter.