Nach dem gescheiterten Versuch einer Novellierung des SGB VIII (KJHG) 2017 mit dem sog. Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) hat die Bundesregierung einen neuen Anlauf zur Weiterentwicklung des SGB VIII begonnen. Dazu wurde ein komplexer Dialogprozess begonnen, der mit der Internetseite www.mitreden-mitgestalten.de begleitet wird.
Nachdem 2017 der Bundestag dem KJSG trotz aller Kritik (u.a. an der beabsichtigten Öffnungsklausel für minderjährige Flüchtlinge, der frühzeitige Perspektivklärung bei Fremdunterbringung, der Einlösung von Ansprüchen auf Hilfen zur Erziehung durch Angebote der Infrastruktur) zugestimmt hatte, haben wir nicht aufgegeben.
Wir haben damals alle Landesregierungen aufgefordert, dem Gesetzentwurf die Zustimmung zu verweigern und waren, gemeinsam mit den anderen Kritikern, erfolgreich. Im Bundesrat fand eine Abstimmung dieses Gesetzentwurfes nicht statt.
Im Zentrum des nun begonnenen Prozesses steht eine Arbeitsgruppe von etwa 60 Expert*innen, die über die künftigen Änderungen beraten. In dieser Arbeitsgruppe ist ver.di vertreten.
Sie soll zu den Themen Kinderschutz, Unterbringung außerhalb der eigenen Familie, Sozialraum und Inklusion einen Austausch vornehmen. Die Ergebnisse sollen in ein anschließendes Gesetzgebungsverfahren einfließen.
Unser Ziel ist es, Änderungsbedarfe aus der Praxisperspektive zu benennen und einzubringen.
Bereits in der Koalitionsvereinbarung wurde formuliert, dass diese Diskussion auf Basis des KJSG geführt werden.
Darum steht die aktuelle Diskussion in einem Spannungsfeld. Die proklamierten Ziele: Stärkung der Kinder, Orientierung am Kindeswohl, Schaffung eines wirksamen Hilfesystems bilden die Überschrift. Die konkreten Änderungsvorhaben wurden von uns bereits beim KJSG kritisiert und können diese Ziele nicht einlösen.
Wir beziehen Position:
Auf der Seite www.mitreden-mitgestalten.de besteht für alle Fachkräfte die Möglichkeit zu den Einzelthemen Kommentare oder Stellungnahmen abzugeben.
Darüber hinaus soll durch Gruppeninterviews und daran anschließende Befragungen die Praxisperspektive Berücksichtigung finden.
Wir haben Kolleg*innen aus der ganzen Republik für die Gruppeninterviews benannt und werden mit vielen Kolleg*innen an der Online-Befragung teilnehmen.
Da die bisherigen Diskussionen sehr stark auf bereits im KJSG formulierte Änderungsvorschläge begrenzt sind, ist es an uns, die grundsätzlichen und bedeutenden Probleme in der Praxis darzustellen und dort Änderungen einzufordern wo es aus Sicht der Fachkräfte wirklich wichtig ist.
Unter den Überschriften Unterbringung außerhalb der eigenen Familie und Kindeswohl haben bislang zwei inhaltliche Sitzungen der Arbeitsgruppe des Ministeriums stattgefunden.
Wir haben darin hervorgehoben, dass das bestehende SGB VIII eine gute Rechtsgrundlage bildet, jedoch die gute Umsetzung oft am Diktat des Haushalts scheitert.
Die Stärkung präventiver Angebote und die Festlegung von Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen (Fallzahlen) haben wir ins Zentrum gestellt.
Unsere Stellungnahmen und weitere Informationen zum Prozess können auf unseren Internetseiten eingesehen werden.
Wir werden weiter über diesen Prozess und dass darauffolgende Gesetzgebungsverfahren berichten.
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