Hannover als Standort von Bürgerradio beibehalten
"Streichung von Hannover als Standort zur Veranstaltung von Bürgerfunk“. So lautete ein Punkt auf der Tagesordnung für die Versammlung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) am 10. September 2020. Nach heftigen Protesten von ver.di und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union Niedersachsen-Bremen wurde die beabsichtigte Behandlung des Themas zwei Tage vor dieser Versammlung von der Tagesordnung genommen. Das heißt aber nicht, dass die Gefahr für eine Streichung der Bürgerradio-Frequenz in Hannover damit vom Tisch wäre.
ver.di-Landesleiter Detlef Ahting fordert die NLM auf, "Bürgerfunkstrukturen in Hannover sicherzustellen, die Streichung der Frequenz zu überdenken und eine Ausschreibung durchzuführen, um nach geeigneten Bewerbungen zu suchen." Dieser Forderung schließt sich die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) Niedersachsen-Bremen an.
ver.di setzt sich seit Jahren für flächendeckende Bürgerfunkstrukturen ein. Neben der gesetzlich festgeschriebenen Aufgabe der Vermittlung von Medienkompetenz biete
er die wichtige Möglichkeit, die lokale und regionale Berichterstattung zu ergänzen. Eine derartige Ergänzungsmöglichkeit fehlt seit dem 30. April 2019, weil Radio Leinehertz (UKW-Frequenz 106,5) die Lizenz entzogen wurde. Finanzielle Unregelmäßigkeiten der Radio-Verantwortlichen über einen längeren Zeitraum hatten dazu geführt. Richter bestätigten den Lizenz-Entzug.
"Hannover braucht wieder einen Bürgerfunk, denn Bürgerfunk stellt Meinungsvielfalt in den Medien sicher und sorgt für Beteiligung an
der demokratischen Willensbildung. Bürgerfunk ist im Moment wichtiger denn je", sagt ver.di Landesleiter Ahting.
Auch die dju Niedersachsen-Bremen protestiert gegen eine Streichung der Bürgerradio-Frequenz und fordert die NLM auf, eine Vielfalt der Medienlandschaft in Hannover gerade jetzt zu stärken, statt sie auszudünnen. Noch im Februar hatte die NLM sieben andere Zulassungen für Bürgerrundfunk um zehn Jahre verlängert. Im Mai erweiterte die NLM in der Nachbarschaft das Sendegebiet für das „Meer Radio“ in Neustadt. Im März hat die NLM öffentlich an Bund und Land appelliert, private Radio- und TV-Programme als kritische Infrastruktur im Zuge der Corona-Krise einzustufen.
Transparentes und bürgernahes Vergabeverfahren
Die dju fordert die Versammlung der NLM auf, alles für ein transparentes und bürgernahes Vergabeverfahren der UKW-Frequenz 106,5 zu tun. Ende April 2019 hatte der damalige Direktor der NLM, Andreas Fischer, gegenüber der Neuen Presse erklärt, dass es eine Reihe von Interessenten gäbe, die sich auf die Nachfolge von Radio Leinehertz bewerben wollten. Auch aktuell gibt es Bewerber. Für Hannover als Landeshauptstadt und Kulturhauptstadtbewerberin ist ein Bürgerradio ein unverzichtbarer Bestandteil einer vielfältigen Medienlandschaft. Radio ist zudem ein äußerst barrierefreies Medium für Bürgerinnen und Bürger. Die dju weist die Versammlung darauf hin, dass Bürgermedien oft der Einstieg in den Journalismus und in das breite Spektrum der Medienberufe und der Medienbildung sind. Dies ist aus Hannover nicht wegzudenken.
Radio Leinehertz war beim Sendestart der Wunschkandidat der NLM. Zuvor hatte die Versammlung die Lizenz des Vorgängers Radio Flora nicht verlängert. Von dem Entzug der Lizenz von Radio Leinhertz im April 2019 waren rund 150 Freiwillige unverschuldet betroffen, sowie etwa 30 freie Mitarbeiter und zehn Festangestellte. Ganz abgesehen von den Hörerinnen und Hörern. Wir appellieren an die Versammlung, die Lizenz mit angemessenen Fristen auszuschreiben und das Bewerbungsverfahren zu fördern.