Neues Urhebervertragsrecht bringt Auskunftsrecht für AutorInnen

20.12.2016

Es war ein Aufgalopp zum Jahresende: Das neue Urhebervertragsgesetz (siehe Dateianhang mit den einzelnen Gesetzesänderungen und der Begründung derr Beschlussempfehlung) ist beschlossen - und die Verlegerbeteiligung ebenfalls. Am 15. Dezember 2016 hat der Bundestag alles durchgepeitscht. 

Ver.di Vizechef Frank Werneke zieht eine nüchterne Bilanz des neuen Urhebervertragsrechts: "Das neue Gesetz hilft den Kreativen kaum. Gewollt war ein Gesetz zur Stärkung der Urheberinnen und Urheber, doch davon ist wenig übrig geblieben", sagte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende.

Kritisch bewertet ver.di die konkreten Regelungen zum Verbandsklagerecht für Gewerkschaften und Verbände, um stellvertretend für Mitglieder die Einhaltung von Vergütungsregeln vor Gericht zu erstreiten. "Leider konnten sich die Verwerter an vielen Stellen durchsetzen, so dass das Verbandsklagerecht auf ein Minimum beschränkt wird", sagte Werneke (siehe unten am Textende zum Verbandsklagerecht).

Mit Skepsis betrachtet Werneke auch, dass Urheberinnen und Urheber nach zehn Jahren ein Zweitverwertungsrecht bei pauschaler Vergütung erhalten. "Es besteht die Gefahr, dass damit Pauschalvergütungen hoffähig gemacht werden. Stattdessen muss das Recht auf Zweitverwertung genutzt werden, um die in vielen Bereichen der Medien- und Kulturbranche üblichen Ewigkeitsverträge zurück zu drängen."

Positiv bewertet ver.di, dass Urheberinnen und Urheber sowie ausübende Künstlerinnen und Künstler künftig jährlich und ohne Anlass Auskunft über die Nutzung ihrer Werke verlangen dürfen. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich, so eine Forderung von ver.di, auch auf bestimmende Teile der Lizenzkette.

"Wir hoffen zumindest, dass dieser Gewinn an Transparenz dazu führt, dass mehr Verwerter von vornherein angemessen vergüten. Jetzt kann zudem nicht nur der Auftragsproduzent als direkter Vertragspartner, sondern etwa auch der dahinter stehende Sender auf Auskunft in Anspruch genommen werden", so Werneke. Er kündigte an, dass sich ver.di weiterhin engagiert für die Interessen der Kreativen einsetzen werde. "Wir werden kollektive Regelungen verhandeln und dort, wo nötig, auch Prozesse führen, um so für unsere Mitglieder das Beste aus dem Gesetz zu machen."

Die Initiative Urheberrecht bewertet das Ergebnis positiver. Sie sieht in dem neuen Urhebervertragsrecht " trotz der verbliebenen Lücken"  einen wichtigen Schritt in Richtung auf das Ziel, die Basis für eine stärkere und gemeinsame Wahrnehmung der Interessen der Kreativen und Verwerter gegenüber z.B.Plattformbetreibern und Nutzern zu stärken. Dies sei nur auf Augenhöhe möglich (siehe Dateianhang).

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Der Bundestag hat zudem neue Regeln zur Beteiligung von Verlegern an den Einnahmen von Verwertungsgesellschaften beschlossen:

http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/endlich-mehr-rechte-urheber

Dazu sagte ver.di-Vize Frank Werneke: "Verwertungsgesellschaften sind ein Erfolgsmodell. Die neue Regelung zur Beteiligung von Verlegern an den Einnahmen erlaubt es, den fast 60 Jahre lang praktizierten Kompromiss fortzusetzen, Einnahmen nach festen Quoten zwischen Urhebern und Verlagen zu verteilen. Allerdings erwarte ich nun harte Auseinandersetzungen um die konkrete Ausgestaltung der Verteilungsquoten in den Verwertungsgesellschaften. Schließlich hat es sich herum gesprochen, dass nicht zuletzt die Verlage ein besseres Urhebervertragsrecht verhindert haben."

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Wie das Ganze im Bundestag abgelaufen ist, schildert und bewertet ein Kenner:

Normalerweise ist es so, dass ein Gesetzentwurf oder Antrag irgendwann in den Bundestag eingebracht wird, er bekommt eine Drucksachennummer. Dann gibt es eine erste Lesung im Plenum. Das Plenum überweist das Ding an die Ausschüsse: einer federführend, andere mitberatend. Irgendwann wird er dann für die Beratung in den regulären Ausschussitzungen aufgesetzt. Die Ausschüsse geben dann eine Abstimmungempfehlung. Dann gibt es eine Wochenfrist, sprich sie kommen eine Woche später in 2./3. Lesung ins Plenum und werden dann dort beschlossen.

 Wie ist es hier gelaufen?

 Es gab überhaupt keinen Gesetzentwurf oder Antrag zur Verlegerbeteiligung, sondern die Regierungsparteien haben es als Änderungsantrag an das Urhebervertragsrecht "drangeflanscht". Damit haben sie zum einen die Notwendigkeit einer ersten Lesung umgangen, zum anderen auch das übliche Beteiligungsverfahren. Normalerweise werden, wenn ein Gesetzentwurf veröffentlicht wird, die betroffenen Stakeholder vom federführenden Ministerium zur Stellungnahme aufgefordert. Das hat beim Urhebervertragsrecht auch stattgefunden, aber bei der Verlegerbeteiligung nicht mehr, weil das ja kein eigener Vorgang, sondern nur ein Änderungsantrag zum Urhebervertragsrecht war (sie haben allerdings im Juli bei der Anhörung zum Urhebervertragsrecht kurzfristig das Thema Verlegerbeteiligung mit auf die Agenda gesetzt und dazu auch Sachverständige gehört).

Kurz, die Opposition hatte genau zwei Stunden Zeit, sich diese 23 Seiten anzusehen, bevor sie im federführenden Rechtsausschuss ihre Abstimmungsempfehlung abgeben musste. An einem Tag, an dem üblicherweise vormittags die Arbeitskreise der Fraktionen Sitzungen abhalten.Anscheinend ist das aber keine besondere Missachtung von Urhebern, sondern es läuft gegen Ende jeder Legislaturperiode so, wenn alle möglichen Sachen noch schnell durchgepeitscht werden müssen.

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Zum Verbandsklagerecht hier ein Auszug aus der Begründung im gemeinsamen Änderungsantrag von CDU, CSU und SPD (darauf bezieht sich Kritik von Frank Werneke):

...... dass der Unterlassungsanspruch bei Verstoß gegen gemeinsame Vergütungsregeln gemäß § 36b kein Verbandsklagerecht im Sinne etwa der §§ 1 ff. des Unterlassungsklagengesetzes oder § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb darstellt. Er eröffnet keine Klagemöglichkeit aufgrund eines materiellen Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen. Der Unterlassungsanspruch ermöglicht den Parteien gemeinsamer Vergütungsregeln hingegen, durchzusetzen, dass sich die anderen Parteien beziehungsweise deren Mitglieder an gemeinsame Vergütungsregeln halten, an die sie sich gebunden haben.
Durch die Einfügung des zusätzlichen Kriteriums „soweit“ in § 36b Absatz 1 stellt der Ausschuss klar, dass der Unterlassungsanspruch in verschiedener Hinsicht durch die gemeinsamen Vergütungsregeln eingeschränkt sein kann, deren Durchsetzung er dienen soll. Der Anspruch kann beispielsweise erfolgreich nur in dem räumlichen Bereich geltend gemacht werden, für den die gemeinsamen Vergütungsregeln gelten, und auch nur gegen die einzelnen Werknutzer oder Mitglieder derjenigen Vereinigungen, die die gemeinsamen Vergütungsregeln abgeschlossen haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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