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Fachgruppe Energiewirtschaft

Ein Energiekonzept für Deutschland

1. Die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland muss nachhaltig sein, das heißt gleichermaßen anspruchsvollen ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien genügen. Um dies zu gewährleisten, müssen vier Ziele in Einklang gebracht werden:

Die Energieversorgung sollte

  •     eine jederzeit sichere Versorgung ermöglichen,
  •     Umwelt und Klima schonen,
  •     Arbeitsplätze sichern und schaffen und
  •     kosteneffizient sein.

2. Die Liberalisierung der Energiewirtschaft stellt einseitig das Ziel, die Energiepreise zu reduzieren, in den Vordergrund. Um die gleichrangigen Ziele einer nachhaltigen Energieversorgung zu erreichen, ist eine umfassende politische Rahmensetzung für die liberalisierten Energiemärkte unabdingbar. Dazu gehören gleicherweise ein Energiekonzept und ein darauf abgestimmtes Bündel politischer Maßnahmen zur Steuerung der Energiemärkte.

3. Durch Kraftwerkserneuerung und den politisch beschlossenen Kernenergieausstieg muss bis 2020 mehr als die Hälfte des deutschen Kraftwerksparks ersetzt werden. Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit und zur Vermeidung von Energiepreisschwankungen muss gleichzeitig die Importabhängigkeit von Energieträgern kontinuierlich reduziert werden. Alle verfügbaren Energieträger müssen im Sinne der Nachhaltigkeit auf ihre langfristige technische und wirtschaftliche Verfügbarkeit hin überprüft werden. Die notwendigen Erzeugungsanlagen sind in Deutschland zu errichten. Für alle Anlagen sind rechtzeitig Entscheidungen für Ersatz zu treffen. Ziel von ver.di ist eine durchgreifende Weiterentwicklung und Modernisierung des heimischen Erzeugungsmix, das unterschiedliche Anlagen vernetzt, sodass ihre jeweiligen Vorteile im Hinblick auf Versorgungssicherheit, Arbeitsplatzschaffung, Umwelt- und Klimaschutz und Kosteneffizienz zum Zuge kommen können. Dadurch kann der Energiestandort Deutschland mit seinen hohen Standards an Verlässlichkeit und Sicherheit erhalten und gestärkt werden.

4. ver.di trägt den Kernenergiekonsens mit. Die Kernenergie leistet auch weiterhin - noch über einen längeren Zeitraum - einen erheblichen Beitrag für die Energieversorgung in Deutschland. Für ver.di unverzichtbarer Bestandteil des Kernenergiekonsens ist die Vereinbarung zur Sicherung von Beschäftigung. Dies war und ist Voraussetzung, um den Kernenergiekonsens mit tragen zu können. Die darin enthaltene Beschäftigungsgarantie muß durch politische Vereinbarungen, betriebliche und ggf. tarifvertragliche Regelungen konkret ausgestaltet werden. Die erforderlichen Rahmenbedingungen sind von der Politik zu schaffen.

Dazu gehört, dass das von ver.di und BMU initiierte Projekt "Arbeitsplatzentwicklung an Kernenergiestandorten" politisch unterstützt und begleitet wird. Beschäftigte in Kernkraftwerken sollen in den jeweiligen Unternehmen bzw. bei den Eigentümern der Betreibergesellschaften unter räumlich und sozial zumutbaren und gleichwertigen Arbeitsbedingungen weiter beschäftigt werden. Ihre Qualifikationen und ihr know-how sind dabei anzuerkennen und zu berücksichtigen, zum Beispiel in Forschung und Entwicklung Insofern kommt auch der Frage künftiger Erzeugungsstandorte eine erhebliche Bedeutung zu, die im Zusammenhang mit einem energiepolitischen Konzept für Deutschland zu klären ist.

5. Es bedarf eines verbindlichen Energiekonzeptes als Basis einer soliden Wirtschaftspolitik. Das Konzept muss sich an den vier Prinzipien der Nachhaltigkeit orientieren:

  • Heimische Energieträger müssen zur Stärkung der Versorgungssicherheit und zur Sicherung von Arbeitsplätzen Vorrang haben
  • und alle Energieträger müssen so effizient wie möglich eingesetzt werden, um Kosten zu reduzieren und Umwelt und Klima zu schonen.
  • Jede Maßnahme zur effizienteren Energienutzung in Deutschland ist ein Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung, auch weil dadurch Brennstoffimporte nicht weiter ansteigen.
  • An heimischen Energieträgern stehen insbesondere Braun- und Steinkohle sowie mit zunehmender Bedeutung die erneuerbaren Energien zur Verfügung.

Gleichzeitig ist die Nachfrageorientierung der Energiewirtschaft mit entsprechenden Dienstleistungen voranzutreiben. Die deutsche Industrie muss Innovationsmotor für Energieeffizienz entlang der gesamten Umwandlungskette und für neue Technologien werden. Weitestgehend importunabgängige Energieträger müssen durch Forschung und Entwicklung ihre Zukunftsfähigkeit erhalten. So wird Wertschöpfung in Deutschland generiert. Derartige Innovationen können dazu beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu verbessern.

6. Die heimische Braunkohle ist ein sicherer und preiswerter Energieträger, der ohne Subventionen auf dem Strommarkt wettbewerbsfähig ist. Damit leistet die Braunkohle auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Bereitstellung der Grundlast. Mit der Entscheidung zu einer neuen Beihilferegelung erlaubt die Europäische Union die Subventionierung der heimischen Steinkohle entsprechend dem Kohlekompromiss. Neue Kohlekraftwerke werden im Zuge des Reinvestitionszyklus mit dem jeweils höchsten technisch erreichbaren Wirkungsgrad realisiert, bei ökonomisch vertretbaren Kosten.Der Ersatz alter durch neue Kraftwerke mit deutlich höherem Wirkungsgrad spart Kohlendioxid und ist mithin ein Beitrag zum Klimaschutz. Dies gilt insbesondere dann, wenn Potenziale der Kraft-Wärme/Kälte-Kopplung (KWK) vollständig genutzt werden.

7. Das KWK-Gesetz erlaubt, den Bestand an kommunalen KWK-Anlagen zu erhalten und zu modernisieren. Nach den vorliegenden Daten wird das für KWK intendierte CO2-Sparziel von jährlich 23 Millionen Tonnen im Jahr 2010 aber bei weitem nicht erreicht. Die weitere Förderung der KWK ist notwendig, damit im Rahmen des Reinvestitionszyklus der deutschen Kraftwerke eine Ausbaustrategie von KWK an geeigneten Standorten einbezogen werden kann und so in allen Bereichen der Energiewirtschaft Arbeitsplätze gesichert werden können und das Klimaschutzziel noch erreicht wird.

8. Erdgas ist flexibel und schnell einsetzbar - es emittiert bei der Verbrennung vergleichsweise wenig Klima schädliche Gase. Die Reichweite der Vorräte ist aber weltweit begrenzt. Ein schonener Umgang mit diesen Resourcen geboten. Erdgas ist des weiteren wesentlich eine Importenergie, allerdings stehen mit Norwegen und Rußland verlässliche Partner langfristig zur Verfügung. Erdgas sollte im deutschen Energiemix verstärkt dort eingesetzt werden, wo es mit höchstmöglicher Effizienz genutzt werden kann - in Kraft-Wärme-Kopplung zur Erzeugung von Strom und Wärme/Kälte sowohl in zentralen (GuD-Anlagen mit Fernwärmesystemen) als auch zunehmend in dezentralen Kraftwerken (Blockheizkraftwerken und Brennstoffzellen). Nur zur Abdeckung der Strom-Mittel- und Spitzenlast und der Wärme-Grundlast ist ein Einsatz dieses Energieträgers mit Blick auf künftige Generationen vertretbar.

9. Die Erneuerbaren Energien sind heimische und umweltfreundliche Energien zur Strom- und Wärmeerzeugung. Ihr Anteil im Energiemix ist zu erhöhen. Das Erneuerbare Energien Gesetz hat sich im Prinzip bewährt, um die erforderliche Markteinführung in der Stromwirtschaft durchzuführen und das politische Ziel, ihren Anteil an der deutschen Energieversorgung bis 2010 mindestens zu verdoppeln, zu realisieren. Das Gesetz muss fortentwickelt werden, um die bestehende Kostendegression zu verstärken und die wachsenden Kosten für Regelenergie angemessen zu verteilen. Die Förderung der Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung sind sachgerecht weiterzuentwickeln.

10. Die Energieeffizienz beim Nutzer muss gesteigert werden. Die Energieeinspar-Verordnung (EnEV) gilt im wesentlichen für Neubauten und schreibt den Bauherren ein optimiertes Maßnahmenpaket aus baulichem Wärmeschutz und technisch optimalen Wärmeerzeugern vor. ver.di hält diesen Weg für prinzipiell richtig. Bei einer Novellierung der EnEV muss die Sanierung des Altbaubestandes einbezogen und an die Einhaltung der Kriterien der EnEV gebunden werden. Die Energieverbrauchswerte müssen an den Stand der Technik angepasst und die Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung muss integriert werden. Ausreichende Überwachung und Sanktionen sollten festgelegt und der Energiepass auch für Altbauten verbindlich gemacht werden.

11. Programme der EVU zur Effizienzsteigerung und Energieeinsparung für die kleine und mittlere Industrie und Gewerbe und für Haushalte sind im Zuge der Liberalisierung vielfach wegen fehlender Wirtschaftlichkeit eingestellt worden. Sie müssen wieder möglich werden. Für geeignet hält ver.di die Einrichtung eines nationalen Energiesparfonds in ausreichender Höhe. Aus dem Fonds erhalten Energiedienstleister (EVU, Energieagenturen, private Anbieter) finanzielle Unterstützung, wenn sie Energiesparberatung und Energiespardienste durchführen.

12. Die sektorübergreifenden, "globalen" Instrumente für Klimaschutz wie Ökosteuer und Emissionshandel sollten so ausgestaltet werden, dass das Nachhaltigkeits-Mix effizienter Erzeugung und Nutzung von Energie realisiert werden kann: Insbesondere dürfen die heimischen Energieträger nicht gegenüber anderen Energieträgern benachteiligt werden und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz müssen entlang der gesamten Umwandlungskette von der Erzeugung bis zur Nutzenergie begünstigt werden. Alle gesellschaftlichen Gruppen sollten in gleicher Weise belastet werden.

13. Um das Weltklima zu stabilisieren ist es erforderlich, den weltweiten Kohlendioxidausstoß bis 2050 gegenüber dem heutigen Niveau um bis zu 50 Prozent zu senken. Als Zwischenziel hat die Bundesregierung für Deutschland eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 angegeben. Hierbei sind alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche einzubeziehen. Deutschland ist seiner Beispiel gebenden Schlüsselrolle beim Abbau der globalen Umweltrisiken bislang erfolgreich gerecht geworden. Fortgesetzt werden kann dies dauerhaft nur, wenn dadurch zumindest innerhalb von Europa keine weiteren Wettbewerbsverzerrungen entstehen .

14. Die Beschleunigungsrichtlinien zur Liberalisierung der Strom- und Gaswirtschaft sind national so umzusetzen, dass im Sinne einer nachhaltigen Energiewirtschaft Energieerzeugung in Deutschland nicht behindert wird und ausreichende Investitionen in Erhalt und Ausbau von Netzen erfolgen können. Dies beinhaltet insbesondere ein verbindliche Verpflichtung der Regulierungsbehörde, auskömmliche Preise und Netznutzungsentgelte anzuerkennen, und die Nutzung der Möglichkeit der Richtlinien zu einer nationalen Alternativlösung zur gesellschaftsrechtlichen Entflechtung der Energieunternehmen.

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