Kitas in Niedersachsen

Kita-Krise: Die Politik muss endlich handeln, anstatt sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben

Andrea Wemheuer: "Das System beginnt zu kollabieren."
Pressemitteilung vom 12.03.2024
ver.di fordert die Politik in Niedersachsen endlich zum Handeln auf.

Kita-Krise: Die Politik muss endlich handeln, anstatt sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) blickt mit großer Sorge auf die aktuelle Situation in den Kitas in Niedersachsen.  „Es ist das eingetreten, wovor wir schon seit Langem warnen: Das System beginnt zu kollabieren“, sagt ver.di- Landesleiterin Andrea Wemheuer. ver.di fordert angesichts der akuten Krise in den Kitas die Politik im Land Niedersachsen und in den Kommunen auf, endlich zu handeln, anstatt sich nur gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben.

Einige Beispiele:

In der Gemeinde Vechelde haben im vergangenen Jahr 25 Beschäftigte der insgesamt neun kommunalen Einrichtungen gekündigt, wegen inakzeptabler Arbeitsbedingungen. Zeitweise sind von neun Kitas in Vechelde vier ohne Leitung gewesen. An einzelnen Tagen ist die Situation sogar so extrem gewesen, dass in einer Kita zwei Fachkräfte insgesamt 80 Kinder zu betreuen hatten.

In der Region Hannover können immer mehr Kommunen in ihren Einrichtungen nur noch im Ausnahmefall eine Ganztagsbetreuung garantieren. In der Regel endet der Kindergartentag dort um 14 Uhr – weil das Personal fehlt.

Gleichzeitig unternehmen andere Einrichtungen im Land auf eigene Faust bereits einiges, um etwas gegen die Kita-Krise zu tun:

In Lingen hat die Stadt die vergütete, praxisorientierte Ausbildung (PiA) eingeführt, indem sie eine Kooperation mit einer Schule im nahegelegenen Nachbarland Nordrhein Westfahlen eingegangen ist, wo eine bezahlte Ausbildung zum Erzieher, zur Erzieherin bereits seit Längerem möglich ist. Der Schritt war ein Erfolg: Die drei für den Sommer neu ausgeschriebenen Ausbildungsstellen waren sehr schnell besetzt.

Die Stadt Gifhorn hat bereits im Jahr 2021 das Realität werden lassen, was das Land Niedersachsen erst 2027 flächendeckend einführen will: Die 3. pädagogische Kraft in den Kitas. Der Betreuungsschlüssel für die Kinder in den Einrichtungen konnte durch den individuellen Schritt der Stadt verbessert werden.

Angesichts dieser Entwicklungen muss die Politik, aus Sicht der Gewerkschaft, dringend ins Handeln kommen. „Es muss Schluss sein mit der bisherigen Praxis, dass das Land die Verantwortung auf die Kommunen schiebt, die Kommunen auf den Bund verweisen und der Bund wieder die Landespolitik adressiert, um die Probleme in den Kitas zu lösen“, sagt Wemheuer.

ver.di fordert deshalb die Landesregierung auf, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um die Situation in den Kitas zu entschärfen. Beschäftigte, die aktuell in Teilzeit arbeiten, sollten Angebote zur Aufstockung ihrer Arbeitszeit gemacht werden.

„Zudem braucht es sofortige Verbesserungen am Arbeitsplatz, damit Beschäftigte der Kita nicht, wie aktuell, den Rücken kehren und ausgeschiedene Kräfte wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren“, sagt Wemheuer. Derzeit verlassen 26 Prozent der Erzieher*innen nach der Ausbildung in den ersten fünf Jahren ihren erlernten Beruf wieder. Um ein weiteres Abwandern von Fachkräften zu verhindern, ist es notwendig, den Fachkraft-Kind-Schlüssel nachhaltig zu verbessern, statt eine weitere Absenkung der Standards zu forcieren.

Seit Langem setzt sich die Gewerkschaft für die Einführung einer bezahlten, praxisorientierten Ausbildung (PiA) in Niedersachsen ein: „Durch eine vergütete Ausbildung werden die Fachkräfte von morgen in das System geholt – wie das Beispiel in Lingen eindrucksvoll zeigt“, sagt die ver.di-Landesleiterin.

„Verlässliche Betreuungszeiten in den Kitas sind auch ein Baustein im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Nur wenn sich Familien darauf verlassen können, dass die Kitas funktionieren, können sie unbesorgt ihrer Arbeit in den Krankenhäusern, im ÖPNV, in den Verwaltungen oder in anderen Berufen nachgehen“, sagt Wemheuer. Die Bearbeitung der Kita-Krise muss aber auch aus einem anderen Grund oberste Priorität bekommen: Frühkindliche Bildung ist, aus Sicht der Gewerkschaft, der Grundstein für die spätere schulische Entwicklung und für das weitere Berufsleben. „Auch in dieser Hinsicht ist die Lösung der Kita-Krise ein Schritt gegen den Fachkräftemangel im Land“, sagt Wemheuer.

Zudem sind frühkindliche Bildung und Sprachförderung zentrale Erfolgsfaktoren für gesellschaftliche Integration. Um dies zu gewährleiten, braucht es langfristig deutlich mehr Fachkräfte im System. „Wer an der frühkindlichen Bildung spart, spart an der Zukunft und gefährdet somit eine funktionierende Demokratie“, warnt ver.di Landesleiterin Wemheuer.

 

Rückfragen: Andrea Wemheuer, 0151/12071602

 

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